Umgang mit übersehenen, angebrüteten Schildkröteneiern im Gehege
Es ist unsere Verpflichtung als Halter, die Eier unserer Schildkrötenweibchen möglichst schnell zu sichern. Ein Verbleib im Gehege oder sogar Frühbeet ist aus vielen Gründen nicht ratsam. Da ist zunächst die Gefahr: Auch unbefruchtete Eier können zur massiven Anlockung von Prädatoren, wie Ratten, Mardern, Füchsen und Waschbären führen, und diese wollen wir auf keinen Fall auf unsere Schildkröten aufmerksam machen. Zudem wollen wir versehentliche Naturbruten vermeiden und ein qualvolles Absterben der Embryonen aufgrund unzureichender Temperaturen in unseren Breiten verhindern. Hilfreich ist auf jeden Fall der Einsatz von Kameras, um Eiablagen zeitnah nachvollziehen zu können, und die Eier am selben Tag am richtigen Ort entfernen zu können. Aufgrund der hohen Anzahl an Europäischen Landschildkröten wird im Allgemeinen vom Ausbrüten dieser Eier abgeraten, falls es keine „sicheren Abnehmer“ für diese Tiere gibt, bzw. eine dauerhafte Haltung -auch im Fall, dass es sich bei allen Tieren um Männchen handelt- nicht möglich ist. Es sitzen zudem abertausende Schildkröten in den Auffangstationen. Solange diese Tiere nicht in gute neue Zuhause vermittelt sind, sollten gewissenhafte Halter möglichst keine Eier mehr ausbrüten.
Daher wird es auf dieser Seite keine „Inkubationsanleitung“ für Europäische Landschildkröten geben, sondern nur diese Anleitung für übersehene, bereits angebrütete Eier. Aufgrund des Notfallcharakters dieser Situation gehe ich dabei davon aus, dass kein Inkubator vorhanden ist.
- Eine unüberlegte Zucht ist nicht empfehlenswert, da dies viel Wissen, Vorbereitung und nicht zuletzt Verantwortung erfordert.
Aufgrund der Eigenschaft weiblicher Landschildkröten, den Samen über mehrere Jahre (derzeit wird eine Zeitspanne von bis zu 7 Jahren vermutet) hinweg zu speichern, und ihn erst dann zur Befruchtung einzusetzen, steigt das Risiko für unerwünschte Naturbruten extrem an, und so mancher Halter wird dadurch überrascht. Was tun, wenn man schon angebrütete Eier im Gehege finden sollte? Diese Eier können natürlich nicht mehr zerschlagen werden, da sich vermutlich bereits eine kleine Schildkröte darin entwickelt hat.
1. Inkubationszeit und Temperatur:
- Die Inkubationszeit bei Temperaturen über 30 Grad, 70 Prozent Luftfeuchtigkeit und ohne Nachtabsenkung beträgt etwa 55 Tage bei Griechischen Landschildkröten.
- Achte darauf, dass die Eier in einer warmen Umgebung liegen, um ihre Überlebenschancen zu erhöhen. Eier, die in einem kalten Außenbereich vergraben sind, haben geringere Überlebenschancen als solche in einem warmen Inkubator (=Brutkasten) oder Frühbeet.
- Je wärmer die Umgebung, desto schneller entwickeln sich die Eier. Je kälter, desto länger dauert der Prozess, und zwar bis zu 90 Tage. Ideal ist es, die Eier im Inkubator fertig auszubrüten.
2. Nach der Eiablage – Vorsicht beim Umgang mit den Eiern:
- Schildkröteneier dürfen im Gegensatz zu Hühnereiern 12 Stunden nach der Eiablage nicht mehr gedreht werden. Eine Drehung kann dazu führen, dass der Dotter zerdrückt wird und das Ei abstirbt.
- Wenn du die Eier erst nach einigen Tagen im Gehege finden solltest, sei besonders vorsichtig. Stelle sicher, dass du sie nicht drehst, wenn du sie ausgräbst.
3. Ausgraben und Zwischenlagerung:
- Grabe die Eier vorsichtig aus. Benutze am besten deine Hände oder ein weiches Werkzeug, um Beschädigungen zu vermeiden.
- Lege die Eier in eine Brutschale, z.B. eine saubere Kunststoffdose oder ein ähnliches Gefäß. Lasse die Eier dabei in der umgebenden Erde, sodass sie ganz oder zumindest halb bedeckt sind. Findest Du Eier, bei denen bereits ein kleines Loch zu sehen ist, lege sie mit in die Brutschale. Bedecke den unversehrten Teil mit Erde.
- Stelle die Brutschale an einen warmen Ort, wie ins Wohnzimmer, wo eine konstante Wärme herrscht. Erhöhe die Temperatur der Erde, indem Du beispielsweise zusätzliche Wärme durch eine Heizmatte von unten zuführst. Die Temperatur sollte sich um die 30 Grad bewegen. Oberhalb von 30 Grad werden es voraussichtlich Weibchen, unterhalb Männchen, weshalb die meisten im Gehege ausgeschlüpften Naturbruten Männchen sind, da unsere Sommer solche Temperaturen einfach nicht dauerhaft gewährleisten können. Um die nötige Luftfeuchtigkeit von 70-90 % zu sichern, setze eine Kunststoffhaube oder ähnliches darüber.
- Achte darauf, dass die Eier vor Erschütterungen, z.B. durch zuknallende Türen oder andere Vibrationen, geschützt sind.
- Findest Du Schlüpflinge mit einer offenen Bauchnaht oder einem Dottersack, setze sie unter den oben angegebenen Parametern in eine Schale mit stets feuchtem Küchenpapier, bis sich die Bauchnaht geschlossen hat. Danach können die Schlüpflinge zunächst in eine Kiste im Frühbeet ihrer Eltern gesetzt werden. Die Pflege ist genau gleich wie bei den adulten Tieren, und die Schlüpflinge starren auch ebenso lange. Es empfiehlt sich, ein separates Schlüpflingsgehege mit einem Frühbeet und kleinen Freilauf anzulegen, da sie aufgrund des Größenunterschieds lange nicht bei den adulten Tieren mitlaufen dürfen.