Ein Erfahrungsbericht von Annemarie BESCHLE
Es war bereits 18:00 Uhr, und es war Ende September. Eigentlich wollte ich nur bei den Mädels die Tür vom Frühbeet schließen.
„Was ist das denn?“ dachte ich. Ich bin ganz schön erschrocken. Fast wäre ich auf einen Schlüpfling draufgetreten. Natürlich habe ich sofort erkannt, dass es eine kleine Schildkröte ist, aber damit hätte ich niemals gerechnet. Zittrig schaute ich nach weiteren kleinen Schildkröten. Und tatsächlich entdeckte ich noch eine etwas kleinere Schildkröte, so groß wie ein 1 €-Stück. Panik brach aus, weil ich mich mit dem Thema „Schlüpflinge“ noch nicht auseinandergesetzt hatte. Eines war mir klar, draußen im Gehege lassen konnte ich sie nicht. Zum Glück hatte ich sehr zeitnah ein Gespräch mit Frauke Hustinx, worüber ich dankbar war. Denn wo sollte ich jetzt auf die Schnelle nachlesen, was ich mit den Kleinen machen soll?
Nach dem Gespräch holte ich eine Wanne aus dem Keller und befüllte sie mit dem Schildkrötensubstrat von Thorsten Geier, welches ich immer in Reserve dahabe. Eine kleine, flache Schale für Wasser. Ich nahm die zwei kleinen Schildkröten vorsichtig in die Hand, dabei hatte ich echt Angst, sie zu zerdrücken. Der Panzer war weicher als ich es von den adulten Schildkröten kenne. Kurze Sichtkontrolle. Am Bauch war alles verschlossen, die Augen klar, die Panzerschilder sehr gut zu sehen. Keine Anomalien, alle Beine dran und, wie ich finde, sogar den Schwanz konnte man sehr gut sehen. Da es Naturbruten sind, und die Geschlechtsentwicklung bei Schildkröten temperaturabhängig verläuft, ist -aufgrund der späten Jahreszeit- zu 99,9 % von männlichen Schildkröten auszugehen. Ich badete sie ca. 5 Minuten, damit sie die Möglichkeit hatten, ihren Flüssigkeitshaushalt auszugleichen. Dann machte ich jeweils Fotos von oben und unten für die Anmeldung und Fotodokumentation. Anschließend wurden sie noch gewogen. Die Größere wog 10 Gramm und die Kleinere 7 Gramm. Ich glaube, die ganze Prozedur war sehr anstrengend für die Schlüpflinge. Nun brachte ich sie in die vorbereitete Wanne. Richtete noch eine Schreibtischlampe mit einer Spotglühbirne darauf, unter der sie es dann punktuell schön warm hatten. So, fürs Erste war das genug, nicht nur für die Schildkröten, sondern auch für mich, denn ich war ganz schön aufgeregt. Die Wanne ließ ich die erste Nacht im Büro stehen, wo es nachts 20 Grad warm war. Die Schreibtischlampe habe ich morgens, bevor ich zur Arbeit ging, angeschaltet, und das Substrat angefeuchtet.
Am nächsten Tag ging es dann weiter. Ich hatte noch Moos für die Wanne, und eine Tonscheibe. Darauf habe ich ihnen Algenkalk getan und etwas frisches Futter aus dem Garten: Brennesselspitzen, Rauke, Wegwarte und Glockenblumen-Blätter.
Als ich mittags von der Arbeit kam, war der erste Gang zu den Kleinen, ich hatte noch nicht mal meine Jacke ausgezogen. Ich freute mich, denn sie waren an der Oberfläche auf der Erde. Am Vorabend hatten sie sich, von der ganzen Prozedur erschöpft, schnell vergraben.
Nun musste ich alles so herrichten, dass sie raus ins Frühbeet konnten. Dort war bereits der Heizlüfter in Betrieb, den ich für den Tag und für die Nacht über das Biogreen Thermo 2 Thermostat steuere. Nachts werden die Temperaturen stets deutlich abgesenkt.
Eine kleine Lampe, die ich an eine Querstange klemmen konnte, mit einem geeigneten Leuchtmittel, hatte ich noch in Reserve parat. Diese steuere ich per Zeitschaltuhr.
Die Wanne habe ich auf das Schlafhaus von den adulten Schildkrötenweibchen im Frühbeet gestellt. Nun besprühe ich zweimal täglich das Substrat und Moos. Die Schlüpflinge bekommen jeden Tag frisches Futter und lauwarmes Wasser, und baden einige Minuten lang. Ich konnte sie beobachten, wie sie fressen, was für mich sehr wichtig war. Die kleine Schildkröte mit 7 Gramm hatte in der ersten Woche nicht gefressen, zumindest konnte ich das nicht beobachten. Eine Woche nach dem Fund habe ich beide wieder gewogen. Die kleine wog nun 6 Gramm und die größere blieb bei 10 Gramm.
Zwei Wochen, nachdem ich sie gefunden hatte, habe ich sie wieder gewogen.
Juhu, „Pep“, die größere, wog nun 11 Gramm und „Pepper“, die kleinere, 7 Gramm. Also haben sie jeweils 1 Gramm zugenommen. Es ist nicht viel, aber immerhin. Ich kann jetzt immer deutlicher beobachten, wie sie fressen und sich einbuddeln und auch wieder herauskommen an die Oberfläche. Es ist wichtig, dass sie jetzt noch etwas zu Kräften kommen für die Winterstarre.
Es ist sehr verwunderlich, wie viele Menschen, darunter auch Schildkrötenbesitzer, der Meinung sind, dass Schlüpflinge keine Winterstarre halten sollten. „Die Armen!“ höre ich zumeist. Dann kläre ich auf, denn ich weiß: Auch Schlüpflinge sollten von Anfang an Winterstarre halten.
Meine adulten Schildkröten überwintern in einer gegen Frost und Fressfeinde gesicherten, externen Überwinterungsgrube, die am Frühbeet anschließt. Es tauchte die Frage auf, wie ich die Schlüpflinge auch dort überwintern kann, ohne dass sie von den adulten Tieren verletzt werden. Mir kam dann die Idee, in der Grube eine Ecke für die Schlüpflinge abzutrennen. Ich hatte noch Doppelstegplatten übrig, die ich mir zurecht gesägt habe. In der Überwinterungskiste der adulten Schildkröten habe ich damit eine kleine Ecke für die Minis abgeteilt. Die Trennung geht von ca. 15 cm oberhalb des Substrats bis ganz nach unten zum Boden der Grube. Wenn es dann so weit ist, setze ich sie oben auf das Substrat. Ich bin mir sicher, dass sie sich dann einbuddeln. Obenauf kommt dann Buchenlaub, wie bei den adulten Tieren.
Am Deckel der Überwinterungsgrube habe ich für ein zusätzliches Heizkabel Saugknöpfe, wie man sie von der Weihnachtsbeleuchtung kennt, mit jeweils zwei kleinen Schräubchen angeschraubt. Ich finde, das ist eine prima Lösung, weil man dort das Kabel „reinklicken“ kann. Am Deckel hatte ich schon davor ein großes Stück Hasendraht befestigt, an dem ich auch ein Heizkabel durchgezogen habe. Falls ein Kabel nicht mehr funktioniert, habe ich immer eines in Reserve. Zusätzlich könnte ich auch eine Heizmatte einschieben.
Es ist immer gut, wenn man mehrere Optionen hat, und Technik in Reserve, denn oft ist es so, dass die Sachen am Wochenende kaputt gehen. Wenn man nicht gerade bei Anne Flörchinger um die Ecke wohnt, muss man warten, bis man Ersatz einkaufen oder online bestellen kann.
So, die Überwinterungskiste ist fertig, das Laub ist gesammelt, und das Heizkabel gelegt und angeschlossen. Eine Starre in der Grube ist nun auch für meine kleinsten Schildkröten möglich.
Nun bleibt die tägliche Versorgungs-Routine: Das Substrat besprühen, frisches Badewasser in die Schale füllen, Futter sammeln, gelegentlich wiegen und die Temperaturen mit dem Laser Thermometer überprüfen. Über das Laserthermometer bin ich sehr froh, das geht so einfach und schnell. Ich kann punktuell und berührungslos die Temperatur überprüfen, auch bei den adulten Schildkröten.
Nun darf man gespannt sein: Wenn meine Naturbruten hoffentlich die Winterstarre überstehen, dann sind sie gesund. Wir sehen uns im nächsten Jahr, Pep und Pepper!
Über den Umgang mit angebrüteten Eiern kann man hier nachlesen: