Rund um die Verdauung, den Stoffwechsel und die artgerechte Ernährung von Landschildkröten
Im unten verlinkten Vortrag aus der Starregruppe vom 14.06.2023 zum Thema „Ernährung für Landschildkröten“ findet man viele Informationen rund um das Verdauungssystem, den Stoffwechsel und die Ernährung Europäischer Landschildkröten, welche ausschließlich aus Wildkräutern und geeigneten Baum- , Strauch- und Blütenblättern bestehen sollte. Hochwertiges Heu kann angeboten werden. Obst und Gemüse können nicht gut verdaut werden und enthalten zuviel Zucker, deshalb sollten sie grundsätzlich nicht gefüttert werden. Zusätzlich sollte stets Kalzium in Form von Sepia und Algenkalk zur freien Verfügung angeboten werden. Idealerweise versorgen sich die Tiere selbst in ihrem Gehege, in dem man mehrmals im Jahr gemischte Wildkräutersamen aussäht. Im Hochsommer sollte man vermehrt Getrocknetes anbieten, beispielsweise Kräuterheu und in Wasser eingeweichte Agrobs Testudo Heucobs. In der Regel kann man dies im Hochsommer von Juli bis August anbieten.
Trockenfütterung von Kräuterheu und Agrobs im Hochsommer
Im Hochsommer sollte man vermehrt Getrocknetes füttern, beispielsweise Kräuterheu und in Wasser eingeweichte Agrobs Testudo Heucobs. In der Regel kann man beides zusammen oder alterntativ im Hochsommer von Juli bis August anbieten. Agrobs Testudo besteht aus hochwertigem, genau auf die Ernährung von Landschildkröten abgestimmtem, Kräuterheu, dass getrocknet und in Pelletform gepresst wird. Mit Wasser rührt man es zu einem gesunden Nahrungsbrei für Landschildkröten an. Einmal am Tag sollte die Mischung frisch angeboten werden. Für Landschildkröten aus Trockengebieten, gibt es Testudo Herbs, die nicht eingeweicht werden müssen. Für Schlüpflinge gibt es Testudo Baby, mit etwas höherem Eiweißgehalt.
Was ist eigentlich KRÄUTERHEU ?
Ganz einfach: getrocknete Wildkräuter, die man nach den Vorlieben und Bedürfnissen der Tiere selbst mischt.
Ich habe stets viel Brennessel drin, da meine Weibchen schlechte Harnsäurewerte haben. Dazu trockne ich Wegerich, Löwenzahn, Wegwarte, Taubnessel, Gänsedistel, Kamille, Mariendistel. Als Leckerli einige Blüten der Hundsrose. Alles ausbreiten und gut durchtrocknen lassen .Mittags wenden. Dann luftig in Kopfkissenbezug oder Stoffbeutel aufbewahren bis zum Hochsommer. Im Hochsommer dann überwiegend Kräuterheu füttern.
Futterpflanzen selbst anbauen
Um eine Versorgung mit hochwertigem Futter rund um die Saison zu gewährleisten, sollte man Futterpflanzen selbst kultivieren. Hilfreich ist im Frühjahr das Vorziehen von Futterpflanzen auf der Fensterbank, im Hochbeet mit Frühbeetaufsatz oder im Gewächshaus, im Außenbereich früh im Jahr unterstützt zum Beispiel durch einen großen Tontopf mit einem Grablicht darin, als günstige Heizmöglichkeit.
Eine günstige Lösung zum Futterpflanzen anziehen sind Vlies-Hochbeete in Verbindung mit Pop-Up-Gewächshäusern.
Hochbeete mit Frühbeetaufsatz sind sehr gut zur Futterpflanzen Anzucht zu nutzen. Auch im Frühbeet oder Gewächshaus gelingt die frühe Anzucht sehr gut.
Futterpflanzen Samen erntet man im Herbst selbst von den abgeblühten Futterpflanzen oder kauft sie in Samenhandlung oder Schildkröten Shop.
Jegliche Erde, auf der Wildkräuter gezogen werden, sollte kräftig aufgekalkt werden mit Dolomitkalk, damit die darauf wachsenden Futterpflanzen kalziumreich sind. Im Gehege sorgt der eingebrachte Kalkschotter auch für eine gute Kalziumversorgung der dort wachsenden Pflanzen. Mehrmals im Jahr wird Futterpflanzen Samen im Gehege ausgesät. Regelmäßig sollte auch Samen in die Frühbeete geworfen werden, damit die Schildkröten in der Übergangszeit und bei schlechtem Wetter etwas zu fressen haben.
Ernte von Futterpflanzensamen im Spätsommer
In der Regel sollte im Spätsommer ein mäßiger Rückschnitt im Gehege der
Europäischen Landschildkröten erfolgen, um natürliche Sonnenplätze zu schaffen. Vieles ist über die Sommermonate vertrocknet. Dabei kann man beispielsweise auch etwas neuen Kalkschotter einbringen, und es bietet sich die Gelegenheit, einige Futterpflanzen Samen abzuernten. Beim Rückschnitt sollte man beachten, dass er erst nach dem Abblühen der Pflanzen erfolgen sollte, und dass man nur einen Teil der Stauden zur Schaffung von Sonnenplätzen zurück schneidet, um Insekten, Vögeln und Kleintieren weiterhin Nahrung und Rückzugsorte bieten zu können. Stauden nicht zu tief zurück schneiden, um sie vor Frost zu schützen. Verblühte Dolden beispielsweise bieten vielen Insekten einen sicheren Überwinterungsort. Insofern sollte man keinesfalls „Kahlschlag“ betreiben. Auch erntet man nur einen Bruchteil der Samen ab und läßt den Großteil über den Winter stehen. Was nicht von Vögeln gefressen wird, samt dann wieder im Gehege aus.
Gutes Mikroklima mit Kalkschotter
Warum ist eine Schicht Kalkschotter im Gehege unserer Europäischen Landschildkröten sinnvoll?
Hier eine kleine Erklärung zum Thema “Mikroklima”. Mittels einer dicken Schicht Kalkschotter im Gehege verbessern wir das Mikroklima für unsere sich darauf aufhaltenden Schildkröten, aber auch für die darauf wachsenden Futterpflanzen. Gemessen mit einem Laser-/Infrarotthermometer mittags im März um 12:00 Uhr direkt nebeneinander.
Schaut Euch unten in den Fotos den Temperaturunterschied an zwischen einem Sonnenplatz im Gehege, der aus 20 cm Kalkschotter besteht (19 Grad Celsius), und Wiese (4 Grad Celsius). Der Kalkschotter ist trocken und warm, die Wiese kalt und fühlbar nass, obwohl es in der letzten Woche nicht geregnet hat. Kalkschotter sorgt für gute Drainage und für trockene warme Sonnenplätze. Das ist der einleuchtendste Grund dafür, Kalkschotter in unsere Gehege einzubringen. Zudem profitieren die Futterpflanzen im Selbstversorger-Gehege von einer zusätzlichen reichlichen Kalziumzufuhr durch den sich langsam zersetzenden Kalkstein. Die mediterranen Versteckpflanzen wie Rosmarin, Thymian, Oregano, Salbei und Lavendel profitieren ebenfalls vom verbesserten, wärmeren und trockeneren Mikroklima, sollten aber nicht direkt in den Schotter gesetzt werden, sondern in Inseln mit ca. 20 cm Mutterboden rundum. Das kommt dem Wachstum der Wurzeln zugute und ermöglicht es den Schildkröten, die Pflanzen als Verstecke zu nutzen und sich darunter einzugraben. Futterpflanzen-Samen wachsen hingegen problemlos und schnell direkt auf dem Kalkschotter. Auch kann man zusätzlich durch ein zweimaliges Düngen im Jahr mit Dolomitkalk den Boden abmagern und die Futterpflanzen gut mit Kalzium versorgen. Extern gezogene Futterpflanzen, zum Beispiel in Beeten, Gewächshäusern und Hochbeeten, sollten ebenfalls reichlich mit Dolomitkalk versorgt werden.
Für die Schildkröten sollte außerdem stets Kalzium in Form von Algenkalk ( für die Tierernährung) und Sepiaschulp zur freien Verfügung bereit stehen, beispielsweise in einer Kalkhöhle (seitlich gestellter und fixierter Blumentopf) oder auf einem Tonuntersetzer. Kalzium wird dringend benötigt, damit Panzer und Knochen stabil und kräftig bleiben, und wird bei der Besonnung mit UV-B Licht (natürlich oder durch UV-B Lampen) eingelagert. Wichtig ist Kalzium auch für die gute Beschalung der Eier. Eierlegende Weibchen nehmen vor der Eiablage große Mengen an Algenkalk und Sepia auf. Eierschalen sind zur Kalziumversorgung nicht geeignet, da das enthaltene Kalzium nicht aufgenommen werden kann.
Rund um die Kalziumversorgung
Kalzium, ein essenzielles Element für die Gesundheit von Schildkröten, entfaltet seine höchste Relevanz in Kombination mit UV-B-Strahlung. Diese Synergie ist entscheidend für die optimale Kalzifizierung von Panzer und Skelett, wodurch schwerwiegende Mangelerkrankungen wie Rachitis oder Metabolic Bone Disease vermieden werden. Insbesondere bei eierlegenden Weibchen manifestiert sich ein erhöhter Kalziumbedarf, da andernfalls das Kalzium für die Eiablage aus den Knochen bezogen werden müsste. Um diesen Bedarf zu decken, empfiehlt es sich, Schildkröten von frühester Jugend an Sepiaschulpen und Algenkalk zur freien Verfügung zu stellen.
In ihrem natürlichen Habitat beziehen wildlebende Schildkröten ihren Kalziumbedarf weitgehend aus dem reichhaltigen Vorkommen von Kalk. Die Aufnahme erfolgt durch die Nahrungspflanzen, die auf kalkhaltigem Boden wachsen, sowie durch das Trinken von kalkhaltigem Wasser. Ergänzend tragen Kalksteinchen, Schneckenhäuser und angespülte Sepiaschulpen zur Kalziumversorgung bei. In menschlicher Obhut wird dieser natürliche Prozess substituiert, wobei Sepiaschulp und Algenkalk als beste Quellen dienen. Kalkhöhlen, beispielsweise seitlich positionierte Blumentöpfe, bieten eine attraktive Möglichkeit, Algenkalk und zerkleinerte Sepiaschulpen vor Feuchtigkeit zu schützen, während sie von den Schildkröten gerne konsumiert werden.
Die Integration von Kalkschotter in das Gehege erweist sich als förderlich, da die darauf wachsenden Futterpflanzen zusätzliches Kalzium aufnehmen. Darüber hinaus schafft der Kalkschotter ein angenehmes mediterranes Mikroklima, indem er nach Regen rasch abtrocknet, sich zügiger erwärmt und Wärme speichert.
Die regelmäßige Anwendung von Dolomitkalk, zweimal jährlich im Gehege verteilt, bietet eine zusätzliche Quelle für Kalzium. Ein gründliches Einschlämmen mit Wasser im Anschluss gewährleistet die optimale Nutzbarmachung dieses Minerals.
Sepia, als reduzierte Schale von Tintenfischen, besteht hauptsächlich aus Kalziumkarbonat und wird als Nahrungsergänzungsmittel zur Kalziumversorgung genutzt. In ähnlicher Weise dient Algenkalk als Pulver aus Meeresalgenablagerungen und zeichnet sich als hervorragende Quelle für Kalzium aus. Die Auswahl sollte auf Produkte ohne Vitaminzusätze fallen, die speziell als Nahrungsergänzung für Tiere geeignet sind und einer qualitätssichernden Prüfung unterliegen.
Eierschalen als Kalziumquelle erweisen sich für Schildkröten als nur in äußerst feingemahlener Form verwertbar, dafür kann man auf Ergänzungsfuttermittel für Hunde zurückgreifen.